Rede: „Kein Blut für Öl – gegen Krieg im Irak!“, 15.02.2003, Heilbronn

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Friedensfreunde,

Nur wenige Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges sind Gewalt und Militäreinsätze allgegenwärtig. Der Krieg soll wieder zum Mittel des politischen Handelns werden.
Uns ist indes klar: Die Bush-Administration will diesen Krieg - unbedingt, - ganz egal wie die internationale Staatengemeinschaft dazu steht.
Wir – die hier Versammelten und die klare Mehrheit in unserem Land – wir wollen keinen Krieg!
Kein Blut für Öl! Stoppt den Krieg bevor er beginnt!

Trotz der wachsenden Proteste auf der ganzen Welt gegen diesen absolut überflüssigen Krieg laufen vielfältige militärische Kriegsvorbereitungen, die einen Krieg gegen den Irak immer wahrscheinlicher machen.
Dass es im Irak um die dortigen Ölvorkommen geht ist eindeutig!
Bereits 1991 ging es darum und auch diesmal geht es wieder ums Öl!
Dies hat uns im übrigen bereits Brent Scowcroft, nationaler Sicherheitsberater unter Präsident Bush verraten, als er zum zweiten Golfkrieg gegenüber der BBC verriet, dass – Zitat – „der wahre Grund für den Krieg natürlich das Öl gewesen sei!“
Daran hat sich bis heute nichts geändert!
Nach der Befreiung Kuwaits1991 wurde das Embargo gegen den Irak fortgeführt. Saudi-Arabien und Kuwait übernahmen weitgehend die OPEC – Exportquote des Irak. Riesige zusätzliche Einnahmen wurden so möglich, die in erheblichem Maße in die Aufrüstung flossen. Zwischen1989 und 1996 lieferten die USA allein für 56 Milliarden Dollar Rüstungsgüter in die Region. Diese wurden de facto über erhöhte Export-Preise zu einem erheblichen Teil von den anderen reichen, aber auch armen Ländern bezahlt. Wer heute die zweitgrößten Erdölvorkommen dieser Welt kassiert, kann den gesamten Welterdölmarkt umkrempeln!
Durch die Aufrüstung des Nahen Ostens ist der arabische Raum mit seinen enormen Ölvorräten und seiner zentralen strategischen Bedeutung ein sensibler Explosivstoff und ein Pulverfass geworden, mit dem jederzeit eine verheerende Katastrophe ausgelöst werden kann.
Die Regierungen in den USA, aber auch England wollen ihren Einfluss dort ausbauen und sind geneigt, elementare Völkerrechte zu verletzen.
Nicht einkalkuliert wird dabei die Möglichkeit, dass dort vielleicht die Völker selbst auf die Idee kommen könnten, die Gestaltung ihres Lebensraumes in die eigenen Hände nehmen zu wollen.
Ein Krieg in und um den Irak hätte indes kaum abzuschätzende ökonomische, ökologische und politische Folgen.
Nach der Auflösung der Sowjetunion gab es die Hoffnung, - nun - nach dem Wegfall der Ost-West-Spannung - werde die Welt friedlich - und endlich könnten die "Schwerter zu Pflugscharen" umgeschmiedet werden. Inzwischen wissen wir, dass dies eine Illusion war.
Wie selten zuvor steht die Welt vor einer fundamentalen Weichenstellung für ihre eigene politische Zukunft.:
Akzeptieren die Völker die Hegemonie der einzigen verbliebenen Supermacht USA oder wollen die Völker eine Staatengemeinschaft unter einer Führerschaft der Vereinten Nationen?
Die US - Regierung hat im Chor mit ihren Verbündeten diese Frage für sich klar entschieden und verweist entgegengesetzte Meinungen ins „alte Europa“ oder gar gleich ganz in die Ecke der „bösen Mächte“ die sie zu gegebenem Zeitpunkt zu bekämpfen gedenken.
Wir allerdings, die wir hier versammelt sind, insgesamt 44 Heilbronner Organisationen, alle Menschen die den Frieden wollen – wir lehnen jeden Versuch einzelner Länder oder Staatengruppen, - egal in welcher Region der Welt, entschieden ab, globale Überlegenheit zu beanspruchen und das Mittel des Präventivkrieges anzuwenden.
Wir sagen: “Lieber ein altes Europa statt neuer Kriege!“
Uns ist klar: Kriege führen nicht zu mehr Sicherheit, sondern vergrößern die Gefahr, dass eine rechtlose Kriegsführung die zivile Lösung von Konflikten ersetzt!
Was wir wollen ist Kriegsprävention anstelle von Präventivkriegen!

Liebe Friedensfreunde, Kolleginnen und Kollegen,
von anderer Seite wurde zurecht darauf hingewiesen, dass unser Grundgesetz einen Präventivkrieg auch dann verbietet, wenn es für einen solchen Krieg ein UN-Mandat geben sollte. Gerade wir Deutschen haben eine historische Verantwortung in der Kriegsfrage, gingen doch bereits zwei Weltkriege von unserem Land aus.
Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, dass sie sich nicht an einer militärischen Auseinandersetzung gegen den Irak beteiligen wird. Diese Position wird von weiten Teilen der Bevölkerung, vielen gesellschaftlichen Gruppen und auch von den Gewerkschaften uneingeschränkt mitgetragen.
Angesichts des durch die Bush-Regierung erzeugten politischen Drucks auf Deutschland können wir Herrn Schröder und Herrn Fischer nur auffordern: Bleiben Sie stark! Wir fordern Sie und die ganze Bundesregierung auf, alle politischen Wege und diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um eine militärische Eskalation zu stoppen. Dies schließt für uns ein, dass Deutschland im UNO-Sicherheitsrat gegen einen Krieg im Irak stimmt und sich nicht einmal indirekt an diesem Krieg im Irak beteiligt.
Noch ein kurzes Wort zur CDU/FDP und einigen Wirtschaftsführern in Deutschland.
Von diesen wird seit Tagen die ablehnende Haltung der Bundesregierung gegen einen Irak-Krieg als eine Katastrophe bezeichnet. Deutschland würde zunehmend isoliert und gefährde gar die Exportquote.
Ich sage, wer seinen Einfluss gegenüber der Bush – Administration nicht geltend machen will – wie derzeit die Opposition in dieser Bundesrepublik - nimmt Krieg billigend in Kauf!
Wenn Sie, - wie dann auch immer mal wieder erwähnt - auch für Frieden sind, wo sind dann Ihre politischen Initiativen und warum sind Sie nicht Teil der Friedensbewegung gegen einen Irak-Krieg? Sie müssen sich schon fragen lassen: Was haben sie zur Verhinderung eines Krieges getan?

Wem das nicht klar sein sollte: Die Last des Krieges tragen immer die Völker, - in weit geringerem Maße die Kämpfenden und am wenigsten die jeweils herrschende politische Klasse, - so auch im Irak!
So wenig wir den irakischen Diktator und seine Führungsclique im Irak akzeptieren, so deutlich sind wir jedoch gegen Krieg.
Krieg ist keine Lösung, - weil er selbst wiederum Gewalt bedeutet, Gewalt welche die Bevölkerung trifft und die zivile Infrastruktur zerstört.
Wir sagen und wir fordern: Wir wollen Demokratie statt Krieg für den Irak!
Der letzte Golfkrieg vor ca. 10 Jahren hinterließ rund 300 000 direkte irakische Opfer und hat - bedingt durch die anschließenden Wirtschaftssanktionen - insgesamt eine Million Tote, vor allem unter Kindern, gefordert.
Wann ist endlich Schluss mit den Leiden des irakischen Volkes?
Wen interessiert überhaupt noch das Schicksal der Menschen im Irak?
Das für die Bekämpfung von Krankheit und Hunger auf dieser Welt so dringend benötigte Geld wird in Rüstung und Auf - Rüstung gesteckt.
Nach Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jedes Jahr 3,4 Millionen Kinder und Mütter an Unterernährung.
Wer trägt dafür die Verantwortung?
30 Milliarden Dollar verschlingt der Geheimdienstapparat der USA jährlich.
270 Milliarden Dollar geben allein die USA jährlich für die Rüstung aus.
800 Millionen Menschen auf dieser Welt haben nicht genug zu essen.
dabei würde bereits das Geld, das die NATO-Staaten in einer Woche für die Rüstung ausgeben - ausreichen, um alle Menschen ein ganzes Jahr  satt zu machen.
Welches Maß an Ungleichheit hält unsere Gesellschaft überhaupt noch aus?
Gleichzeitig erfährt die US - Rüstung historische Steigerungsraten und hofft auf weitere Zugewinne durch den Gebrauch möglichst vieler Waffen im Irak. Selbst die Atomwaffen sollen zum Mittel der Politik werden.  Die sogenannten "Mini - Nukes" sollen den Atomschlag berechenbar machen!

Günter Grass, Literaturnobelpreisträger, hat vor kurzem gesagt - Zitat: „Ich weiß nicht, ob die Vereinten Nationen standhaft genug sind, dem geballten Machtwillen der Vereinigten Staaten von Amerika zu wiederstehen. Meine Erfahrung sagt mir, dass diesem gewollten Krieg weitere Kriege aus gleichem Antrieb folgen werden. Ich hoffe, dass die Bürger und die Regierung meines Landes unter Beweis stellen werden, dass wir Deutschen aus selbstverschuldeten Kriegen gelernt haben und deshalb Nein sagen zu dem fortwirkenden Wahnsinn, Krieg genannt!“

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Friedensfreunde,
Es gibt Alternativen zum Krieg!
Wir sagen: Soziale und ökonomische Konflikte müssen auf zivilem Weg - ohne  militärische Gewalt -gelöst werden. Deshalb muss der Vorrang der Politik  gelten.
Die Vereinten Nationen bieten das einzig legitime Forum für die Entwicklung  einer solchen weltweiten Politik.
Die Rüstungsausgaben sind auch weiterhin zu senken. Für die Rüstung vorgesehene Gelder können zur Lösung sozialer, bildungs- und
arbeitsmarktpolitischer Aufgaben verwendet werden, - Gelder also, die überall dringend gebraucht werden!
Eine Politik der Abrüstung und Konfliktprävention, - der Gerechtigkeit und der internationalen Solidarität, die wir wollen muss mit der militärischen Aufrüstung Schluss machen und das noch ehe sie mehr Unheil anrichtet.

Krieg ist eben keine Lösung und deshalb sagen wir zusammen mit Hunderttausenden die heute überall in Europa ihren Friedenswillen bekunden :
Nein zum Krieg! Krieg ist immer eine Niederlage der Menschheit!
Kein Blut für Öl! – Wir sagen mit der amerikanischen Friedensbewegung:
Not in our Name! Nicht in unserem Namen!
 

Bernhard Löffler, DGB Regionsvorsitzender Heilbronn-Franken

Es gilt das gesprochene Wort!