Silvia Wagner (DGB-Regionssekretärin)

(es gilt das gesprochene Wort)
 

Begrüßung zum Antikriegstag 1. September 2008 in Heilbronn
 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter für eine friedlichere und gerechtere Welt,

ich begrüße euch und sie ganz herzlich zur diesjährigen Kundgebung am Antikriegstag hier in Heilbronn.

Ich freue mich besonders, dass wir dieses Jahr Ellen Diederich als Rednerin gewinnen konnten. Seit über 45 Jahren ist sie Friedensaktivistin. Außerdem Publizistin und Direktorin des in Deutschland gegründeten Internationalen FrauenFriedens Archiv Fasia Jansen e.V., in welchem seit über 25 Jahren weltweit Bücher, Zeitungen und audio-visuelle Quellen zu Frauen und Militär sowie Friedensaktionen von Frauen gesammelt werden. Herzlich willkommen Ellen in Heilbronn!
Umrahmt wird die Kundgebung durch die allseits bekannte Marbacher Songgruppe – auch euch vielen Dank! Gleich im Anschluss sind sie wieder zu hören.
Nach der Rede von Ellen Diederich werden wir zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt in die Ehrenhalle gehen.

Der Antikriegstag erinnert, wie wir wissen, an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939.
Damit begann der schrecklichste Krieg der Menschheitsgeschichte mit über 60 Millionen Toten.

Dieser Gedenktag ist heute aktueller denn je. Ich weiß, das sagen wir jedes Jahr und im folgenden Jahr ist es dann doch noch eine Spur schlimmer.
Wie lange wollen und können wir hierbei noch tatenlos zusehen?

Die Kriege im Irak, in Afghanistan und Palästina - zahlreiche Konflikte in Afrika und Lateinamerika führen uns täglich den Tod und das Leid von Millionen Menschen vor Augen. Ein Leid, dass durch Gewalt, Hunger, Krankheit oder Vertreibung entsteht.

Berta von Sutthners Appell „Die Waffen nieder“ verhallt immer noch ungehört….

Die Weltgemeinschaft – und insbesondere die Vereinten Nationen – dürfen den Ursachen von kriegerischen Konflikten nicht länger tatenlos zusehen. Wir fordern ein internationales Verbot des Waffenhandels mit Diktaturen. Profitinteressen privater und staatlicher Waffenhändler dürfen nicht noch mehr Leid bringen.

Übrigens fallen 80 % der globalen Waffenexporte auf nur fünf Länder zurück. Und diese Länder sind: die USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und natürlich Deutschland.

Bei den Rüstungsausgaben steht Deutschland mit 37 Milliarden US Dollar auf Platz 5 – hinter Japan, und noch vor Russland.

Auch die Militarisierung der EU verläuft seit einigen Jahren in beängstigender Geschwindigkeit, Immer häufiger werden Truppen zur „Verteidigung“ europäischer Interessen in Auslandseinsätze geschickt. Mittlerweile fanden bereits über 20 statt.

Diese Militarisierung sollte mit dem EU-Verfassungsvertrag weiter forciert werden.
Obwohl durch die Referenden in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt, ließen sich die EU-Eliten nicht beirren. Ein kaum verändertes Folgedokument (der „Vertrag von Lissabon) sollte bis zu den Europawahlen 2009 unter Dach und Fach gebracht werden. Wie wir wissen wurde dieser in Irland mehrheitlich abgelehnt – ein großer Erfolg für die Friedens- und globalisierungskritische Bewegung in ganz Europa.

Und was ist mit den EU-Sanktionen gegen den Iran? Diese Sanktionen sind falsch und kontraproduktiv – es sind weitere Schritte auf der Eskalationsspirale gegen den Iran, die die Kriegsgefahr vergrößern.
Es ist doch absolut unglaubwürdig, wenn EU-Staaten, die selbst über Atomwaffen verfügen oder Urananreicherung betreiben, sich als Saubermänner aufspielen. Auch die EU selbst ist hierbei unglaubwürdig -> ein Berater Solanas – Robert Cooper – hielt öffentlich den Ersteinsatz von Atomwaffen für durchaus möglich!

Was wir brauchen ist eine sofortige Abrüstung und die weltweite Durchsetzung des Atomwaffenverbots - egal ob in Nordkorea, Deutschland, USA, Russland oder anderswo!
Jede Atomwaffe ist eine Bedrohung der Menschheit, egal in wessen Händen!

Kolleginnen und Kollegen,
im April sorgte die Meldung für Aufruhr, dass 25 Mio. Euro für den Einsatz österreichischer Soldaten im Tschad aus dem Entwicklungshilfeetat entnommen wurden. Leider ist dies kein neues Phänomen.
Die Querfinanzierung von Militäreinsätzen mit Hilfe von Entwicklungshilfegeldern ist innerhalb der Europäischen Union schon länger gängige Praxis. Militärische Stabilisierungsmaßnahmen werden als Armutsbekämpfung umdeklariert um dies zu legitimieren.

Der DGB fordert die Europäische Union auf, ihre Sicherheitspolitik umzugestalten. Es müssen zivilgesellschaftliche Strukturen gefördert werden, die eine demokratische Konfliktbewältigung ermöglichen.
Stationierung von Soldaten schafft keinen Frieden, wie Afghanistan und der Irak zeigen.

Der blutige NATO-Einsatz in Afghanistan ist der Prototyp für eine neue Form der westlichen Kriegsführung. Nicht der militärische Sieg gegen eine reguläre Armee steht im Vordergrund, vielmehr geht es darum, einen Aufstand niederzuschlagen und ein Land als „NATO-Kolonie“ effektiv zu verwalten. Zivile Akteure werden hierbei immer massiver in den Dienst dieses „neuen Kolonialismus“ gestellt.

Ein paar Zahlen:
Aktuell (Stand Juni 08) kämpfen in Afghanistan 52.700 ISAF Soldaten.
2007 kamen über 8000 Afghanen, davon mehr als 1.500 Zivilisten ums Leben.
Dabei hat sich die humanitäre Situation gegenüber der Taliban-Herrschaft weiter verschlechtert.
61 % der Bevölkerung sind chronisch unterernährt und 68 % haben keinen Zugang zu Trinkwasser.
 

Die Frauenrechtlerin Malalei Joya (suspendierte Abgeordnete des afghanischen Parlaments) sagt: „ Wir wollen keine Besatzung. Die Geschichte beweist, dass keine Nation eine andere befreien kann. Es ist die Pflicht unseres eigenen Volkes und liegt in seiner Verantwortung, für seine Freiheit zu kämpfen und Demokratie herbeizuführen. Die Menschen anderer Länder können uns dabei nur eine helfende Hand reichen.“

-> Hinweis auf  Teilnahme an der Demonstration am 20. September und Unterschirftsliste

Ich sage:
Bekämpft werden müssen nicht die Völker, bekämpft werden muss die soziale Ungerechtigkeit in der Welt. Notwendig ist und bleibt eine Politik, die die soziale Spaltung aufhebt und damit militärische Aggressionen vermeidet.

Kolleginnen und Kollegen es gilt weiterhin:
Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg!