in Palästina - Israel
- Libanon
Pressemitteilung des Bundesausschusses
Friedensratschlag
Friedensbüro Heilbronn,
Am Wollhaus 13, Tel 07131/962627, Fax 07131/506741
eMail: info@fb-hn.de
Internet: www.fb-hn.de
Stoppt den Krieg –
Waffenstillstand sofort
- Empörung über
Massaker von Kana
- Nicht nur vorübergehende
Waffenruhe, sondern
Waffenstillstand
ohne Vorbedingungen
- Konfliktgegner als
Verhandlungspartner akzeptieren
- Zweistaatenlösung
auf der Basis der Grenzen von 1967
- Nahost-Konferenz für
Sicherheit und Zusammenarbeit
- Bundesregierung muss
Einseitigkeit aufgeben
- Friedensbewegung zu
Aktionen aufgefordert
Kassel, 31. Juli 2006
- Am Sonntag traf sich in Kassel der Bundesausschuss Friedensratschlag
und beriet u.a. über die Lage im Nahen Osten und die Aktionen
der Friedensbewegung. Unter dem Eindruck der jüngsten Entwicklungen
(Massaker von Kana) gab der Sprecher des
"Friedensratschlags"
folgende Erklärung ab:
Wer die israelische Politik
in der Öffentlichkeit kritisiert, riskiert hier zu Lande falsch verstanden
zu werden. Das hat mit der deutschen Geschichte und der deutschen Verantwortung
gegenüber dem Existenzrecht Israels und dem Lebensrecht der Juden
dort und überall in der Welt zu tun. Die Friedensbewegung drückt
sich nicht um diese Verantwortung. Sie
ist aber auch dem Lebensrecht
derjenigen Menschen verpflichtet, die -
unverschuldet - Opfer
des jahrzehntelangen israelisch-palästinensischen
Konflikts geworden sind.
Dazu zählt die israelische Zivilbevölkerung
genauso wie die palästinensische
oder libanesische Zivilbevölkerung, die
seit Wochen unter dem
Krieg leiden.
Die seit fünf Wochen
dauernden israelischen Kriegshandlungen im
Gazastreifen und die
fast dreiwöchigen Angriffe gegen Libanon sind weder
politisch-moralisch zu
akzeptieren noch völkerrechtlich zu rechtfertigen. Israel hat seine
Kriegsziele gründlich verfehlt: Weder konnte die Freilassung der entführten
drei Soldaten herbeigebombt noch die Beendigung der Raketenangriffe auf
israelische Städte und Siedlungen unterbunden werden.
Im Gegenteil: Noch nie
gingen so viele Raketen auf Israel nieder wie in den letzten drei Wochen.
Auch wenn die Opfer der
Gewalt auf beiden Seiten nicht gegeneinander
aufgerechnet werden dürfen,
so ist die Asymmetrie der Opfer doch
bemerkenswert. Hunderte
von Toten, darunter rund 90 Prozent Zivilisten,
und Hunderttausende von
Flüchtlingen auf der einen Seite (Libanon),
knapp 50 getötete
Israelis (zumeist Soldaten) auf der anderen Seite. Die
verheerenden Bombenangriffe
auf die Ortschaft Kana am 30. Juli mit mehr
als 50 Toten, darunter
überwiegend Kinder, haben alle Beteuerungen der
israelischen Regierung,
es würden keine Zivilisten und keine Infrastruktur angegriffen, erneut
Lügen gestraft. Die allseitige Empörung über das "Massaker"
von Kana (so das Rote Kreuz) wird auch vom Bundesausschuss Friedensratschlag
geteilt. Wenn der Krieg jetzt nicht gestoppt wird, ist die Gewalt im Nahen
Osten nicht mehr begrenzbar.
Die von der israelischen
Regierung angekündigte 48-stündige "Aussetzung
der Luftangriffe" auf
Ziele im Südlibanon ist völlig unzureichend. Israel behält
sich damit alle anderen militärischen Schritte vor.
Insbesondere die Aufforderung
an die Bevölkerung des Südlibanon, das
"Kampfgebiet" zu verlassen,
deutet darauf hin, dass die Luftangriffe nach zwei Tagen wieder aufgenommen
werden sollen. Nötig ist demgegenüber ein sofortiger und bedingungsloser
Waffenstillstand, der von Israel, Hamas und der Hisbollah eingehalten wird.
Erst wenn die Waffen schweigen,
können die Konfliktparteien verhandeln.
Dabei darf keine Seite
ausgeschlossen werden. Die von Hamas gestellte
Regierung der Palästinenserbehörde
ist als Verhandlungspartner genauso
zu akzeptieren wie die
Hisbollah als Teil der libanesischen Vertretung.
Verhandlungen selbst
müssen auf der Grundlage der von den Vereinten
Nationen bestätigten
Grenzen von 1967 (UN-Resolution 242) geführt
werden. Einseitige Grenzziehungen,
Festlegungen von "Sicherheitszonen"
dürfen als Vorbedingungen
nicht verlangt werden.
Die internationale Gemeinschaft
(das sog. Nahost-Quartett bis zum
UN-Sicherheitsrat) sollte
den Druck auf die Konfliktparteien, insbesondere auf Israel erhöhen,
um solche Verhandlungen zu ermöglichen.
Wünschenswert wäre
mittelfristig die Einrichtung einer Konferenz für
Sicherheit und Zusammenarbeit
im Nahen Osten, unter Einschluss Syriens
und Irans. Die völkerrechtlich
verbindliche Anerkennung einer Zweistaatenlösung durch alle Staaten
der Region ist eine wesentliche
Grundlage für die
Lösung des Nahostkonflikts.
Die Bundesregierung hat
sich in der Nahostfrage meist einseitig hinter
die Aktionen Israels
gestellt. Solche Einseitigkeit schadet Israel und
lähmt die deutsche
Außenpolitik. Sie schadet Israel, weil sie deren
unverhältnismäßige
Gewaltpolitik und illegale Besatzungspolitik
unterstützt, die
ihrerseits immer wieder neue Gewalt gegen Israel
gebiert. Und sie lähmt
den politischen Handlungsradius Berlins, weil
echte Vermittlungstätigkeit
auf dieser Basis schwer möglich ist. Dazu
müsste Deutschland
(via EU) als Mitglied des Nahost-Quartetts aber in
der Lage sein.
Die Friedensbewegung hat
mit zahlreichen, meist kleineren Aktionen gegen
den israelischen Krieg
im Gazastreifen und im Libanon protestiert. Sie
wird in den nächsten
Tagen und Wochen weiter auf die Straße gehen,
sich in der Öffentlichkeit
zeigen und - stellvertretend für viele andere
Menschen - zum Ausdruck
bringen, dass es für diesen Krieg keinerlei
Rechtfertigung gibt.
Jeder Tag, den dieser Krieg länger dauert,
vergrößert
nicht nur das Leid der Zivilbevölkerung (auf allen Seiten!),
er vertieft auch den
Hass der arabischen Welt gegen Israel - und gegen
die USA, die den Feldzug
der Israelis decken.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag
rechnet damit, dass die
Friedensbewegung in der
Nahost-Frage mehr Mut zur Aktion zeigen wird.
Es werden verstärkt
Mahnwachen sein (in einigen Städten wurden sie
bereits eingerichtet),
es werden Demonstrationen und Kundgebungen sein,
und vor allem werden
es Informations- und Aufklärungsveranstaltungen
sein, die überall
im Land durchzuführen sind.
Für den Bundesausschuss
Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)