Sehr geehrte Damen
und Herren,
liebe Kameradinnen
und Kameraden,
wir sind hier und heute
zusammengekommen, um der Opfer des Faschismus in dieser Region zu gedenken.
vor 65 Jahren – 1944
- wurde unsere Region Teil des faschistischen KZ-Systems, als die sogenannten
„Neckarlager“ eingerichtet wurden.
Vor 65 Jahren war
nicht zu übersehen, dass Deutschland den Krieg nicht mehr gewinnen
konnte. Als im Juli 1944 selbst in den Militärs der Widerstand
offenbar wurde und das Stauffenberg-Attentat stattfand, glaubte das Hitler-Regime
immer noch, sich behaupten zu können, wenn sie die Propagandamaschine
und die Rüstungsindustrie zu noch höheren Leistungen antreiben
würden.
Im Spätherbst
1944 produzierten Rüstungsfirmen aus ganz Deutschland in unserer Region
Teile der von den Nazis vielgepriesenen „Wunderwaffen“, die den „Endsieg“
bringen sollten.
Im Gipsstollen von
Obrigheim wurden Motoren von Daimler-Benz für Flugzeuge produziert,
die jedoch nichts mehr gegen die täglichen Bombardierungen deutscher
Städte bewirkten.
In dem heutigen Bundeswehrstollen
von Neckarzimmern wurden Kugellager gebaut, damit Panzer weiter rollen
konnten.
In Siegelsbach bestückte
man die „Vernichtungsraketen“ mit dem Kürzel V 1 und V 2 mit Sprengstoff.
Im Salzbergwerk von
Kochendorf produzierte man Teile des neu entwickelten Düsenantriebs
für Jagdflugzeuge.
Um all dies zu bewerkstelligen
verschleppte man etwa 15.000 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in
unsere Region.
Aber vorher noch –
um diese Fabriken überhaupt hierher aufs flache Land verlagern zu
können und sie so vor den Bomben der Alliierten zu schützen –
zwang man KZ Häftlinge, ihre letzten Kraftreserven dafür zu verausgaben,
die Stollen für die Rüstungsproduktion herzurichten.
700 Meter von hier
war ein Zwangsarbeiterlager, 500 m von hier im Tal unterhalb dieses Friedhofs
war das KZ.
Wenn wir zusammenzählen,
wie viele Menschen in den Konzentrationslagern von Kochendorf, Neckarelz
und seinen Nebenlagern sowie in Heilbronn-Neckargartach vor 65 Jahren waren,
dürften es etwa 5000 gewesen sein.
Die KZ-Häftlinge
galten nicht als Menschen, sondern wurden als Mittel betrachtet, das einzusetzen
sei. Der Zivilbevölkerung sagte man, es seien Verbrecher und allzu
gern gingen die Deutschen über die „Zebras“ hinweg, rechtfertigten
ihr Mitläufertum mit den Zeitumständen.
Die KZ-Häftlinge
waren nicht nur ausgemergelt, mit Lumpen bekleidet und in verlauste, überfüllte
Baracken gepfercht. Sie wurden unter Schlägen zu 12-stündiger
Schwerstarbeit getrieben, in der sie ohne maschinelle Hilfen Tunnel auszuschürfen
hatten – unter ständiger Todesdrohung, denn programmatisch benannte
die SS ihren Einsatz als „Arbeit zum Tode“.
Mit diesem Friedhof
schuf man nach dem 2. Weltkrieg eine Stätte für Tote, die während
des Bestehens des KZ Kochendorf starben und in verschiedenen Massengräbern
verscharrt wurden. Dieser Gedenkort steht in der Reihe mit dem in Neckargartach
und in Binau. Letzterer verdeutlicht den Kontext des Völkermords mit
dem Tot von KZ-Häftlingen, denn die Nazis nutzten dort einen überflüssig
gemachten jüdischen Friedhof, um die Toten eines Rüstungsverlagerungsprojektes
zu entsorgen. Gegenüber diesem Zynismus weist uns der KZ Friedhof
in Neckargartach und der hiesige auf eine Hoffnung hin: Überlebende
schufen oft gegen den Zeitgeist für die Toten ein Mahnmal.
Nach groben Schätzungen
überlebten etwa 10 % die Lager für ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlingen
unserer Region nicht. Dies sind 1500 Tote, -Einzelschicksale, bei denen
wir das daran geknüpfte Leid nicht nachvollziehen können.
Meine sehr verehrten
Damen und Herren,
liebe Kameradinnen
und Kameraden
wie schwer wir Deutschen
uns mit der faschistischen Vergangenheit tun zeigt sich nicht nur darin,
dass Nazis in verschiedenen Landesparlamenten sitzen, - denn auch hier
bei uns tun wir uns schwer:
Die Stadt Heilbronn
hat bislang keine Anstrengungen unternommen, eine eigene Gedenkstätte
für das KZ Neckargartach zu errichten, obwohl dies immer wieder vom
DGB , der VVN/BdA und ehemaligen Häftlingen, aber auch Bürger
und Bürgerinnen der Stadt gefordert wurde.
In Heilbronn-Neckargartach
gab es ein mit Kochendorf vergleichbares KZ. Schon früh hat der Nordheimer
Lehrer Heinz Risel die Geschichte des KZ erforscht - die Stadt Heilbronn
hat ihn nie unterstützt.
Und besorgt fragen
wir uns: Soll stattdessen jetzt auch noch die Kochendorfer Gedenkstätte
im hiesigen Salzwerk geschlossen werde?
Die Zukunft des Besucherbergwerks
der Südwestsalz ist offen. Der aktuelle Stand ist der: Die Haupteigner
– die Stadt Heilbronn und das Land Ba-Wü über die Landesstiftung
- sind sich offenkundig nicht einig, wie sie mit dem Besucherbergwerk Kochendorf
und somit mit der KZ-Ausstellung weiterverfahren sollen. Die KZ-Gedenkstätte
im Salzstollen erinnert an das Schicksal von Zwangsarbeitern, die für
die nationalsozialistische Rüstungsindustrie ausgebeutet und misshandelt
wurden. Schon hier wird deutlich: Es geht um mehr als ein Freizeitangebot
für Schulklassen und Touristen.
Zuerst hieß
es, man benötige 3 Millionen Euro für die Renovierung des Bergwerks,
nun benötigt man plötzlich nur noch 1,2 Millionen Euro. Endgültig
hat sich die SWS noch nicht mitgeteilt. OB Himmelsbach hätte wohl
- aus Spargründen - keine Probleme, das Besucherbergwerk Kochendorf
zu schließen, das Land ist da vorsichtiger: Die haben Angst, dass
es einen Aufschrei geben könnte, wie nach Oettingers Filbinger-Rede.
Schließlich waren rund 40 Prozent der KZ-Häftlinge im KZ Kochendorf
Juden.
Ein Referent aus dem
Finanzministerium hat sich daher vorletzte Woche bei der Miklos-Klein-Stiftung
ausführlich über die historischen Hintergründe der Gedenkstätte
erkundigt.
Für die Miklos-Klein-Stiftung,
- und wir von VVN/BdA und DGB schließen uns da gerne an, - ist eine
Verlagerung der Gedenkstätte nach über Tage keine Lösung.
Die Gedenkstätte
profitiert immens von dem Publikum des Besucherbergwerks mit bis zu 40.000
Besucher und Besucherinnen pro Jahr, -inklusive vieler Schulklassen. Das
sind keine überzeugten Antifaschisten oder historisch Interessierte,
sondern ein Querschnitt der Bevölkerung.
Wenn diese Besucher
bei der KZ-Ausstellung unter Tage vorbei kommen, staunen sie über
die ungeheuerlichen Verbrechen, die hier statt gefunden haben.
Darüber hinaus
ist es besonders wertvoll, dass die Ausstellung am authentischen Ort ist:
Genau in der Kammer der Ausstellung mussten Häftlinge schuften, -
die Wände sind noch geweißelt aus dem Jahr 1944, der Betonboden
wurde im August 1944 von italienischen Militärinternierten aufgetragen.
Dort und in der Nebenkammer
wollte die Heinkel AG Düsentriebwerke für den "Endsieg" fertigen.
Der Versuchsbetrieb lief bereits. Ein überlebender ukrainischer KZ-Häftling
hat der Miklos-Klein-Stiftung in dieser Kammer seinen früheren Arbeitsplatz
gezeigt.
Über Tage wäre
ein solches Museum eine Totgeburt, wie uns Museumspädagogen warnten.
Zudem nicht finanzierbar. Und wenn ein Gebäude steht, dann benötigt
man auch noch Personal. Im Bergwerk gibt es das für das Besucherbergwerk
- eigenes wird nicht gebraucht „Kurz: Die Schließung des Besucherbergwerks
wäre das Ende der Miklos-Klein-Stiftung. So haben wir das auch dem
Herrn aus dem Finanzministerium mitgeteilt“, meint Klaus Riexinger, Vorsitzender
der Miklos-Klein-Stiftung in einem Mail an mich.
Besonders bemerkenswert
ist, dass die Südwestsalz einen 5-Millionen-Euro-Kredit aufgenommen
hat, um eine Dividende an die Anteilseigner ausschütten zu können.
Angesichts der Schließungspläne und der genannten Sanierungssumme
von lediglich 1,2 Millionen kann Einem da nur noch die Spucke weg bleiben!
Heute an dieser Gedenkfeier fordern wir deswegen mit Nachdruck: Die KZ-Gedenkstätte im Salzwerk darf nicht dauerhaft in der Versenkung verschwinden, da sind Land, Stadt Heilbronn und Region in der Pflicht. Schlimm genug, dass die Ausstellung seit 2007, solange ist das Besucherbergwerk bereits geschlossen, nicht mehr zu sehen ist!
Meine sehr verehrten
Damen und Herren,
liebe Kameradinnen
und Kameraden,
angesichts der hier
begrabenen ca. 400 Opfer von Faschismus und Krieg bitte ich sie, der Opfer
und ihrer Umstände schweigend zu Gedenken:
Nie wieder Faschismus,
nie wieder Krieg!
70 Jahre nach dem Überfall
der Nazis auf Polen hat der Gemeinderat von Cleebronn eine Gedenktafel
zur Erinnerung an einen Gestapo-Mord an einem unschuldigen Polen abgelehnt,
- der Gemeinderat war der Meinung, dass eine Gedenktafel „den Gemeindefrieden
stören könnte“.
Damit hat die Gemeinde
Cleebronn die Chance vertan ein sichtbares Zeichen gegen Barbarei und Unmenschlichkeit
zu setzen.
Erinnerung muss aber
sein, denn Vergessen werden die Opfer nie können, aber auch wir Antifaschisten
- welche die damalige Zeit nicht direkt erlebten, -auch wir können
nicht vergessen, - schon deswegen nicht, damit so etwas nie wieder passiert
und wir uns der Verantwortung stellen, die uns Deutschen angesichts unserer
gemeinsamen Geschichte gegenüber den Verbrechen des Faschismus aufgetragen
ist!
Wenn wir biografische
Dokumente, wie z.B. eine Gedenktafel weitergeben, leisten wir damit zumindest
einen kleinen Beitrag zu einer Immunisierungsstrategie gegen rechtsextremes
Denken.
Deshalb, und weil
wir immer wieder über die damaligen Verbrechen aufklären müssen,
unterstützt der DGB nachdrücklich die hier in Heilbronn angelaufene
Aktion Stolpersteine, aber auch die aktuelle Forderung der Heilbronner
SPD-Fraktion zur Errichtung eines Gedenksteins, der erinnern soll an die
Hinrichtung von 24 französischen Widerstandskämpfern im Köpertal.
Fast auf den Tag genau 65 Jahre nach diesem barbarischen Akt der Nazis
halten wir es für eine Heilbronner Pflichtaufgabe die Erinnerung an
diese von Deutschen an aufrechten Franzosen vollstreckte Hinrichtung wachzuhalten!
Eine Gedenktafel würde Heilbronn ausgesprochen gut anstehen!
(es gilt das gesprochene Wort)